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Künstlerbiographie DJ Keys one - Pionier und old school Hip Hop Discjockey (DJ)

Der aus dem Diemtigtal stammende DJ Keys (DJ Keys one), geborener Knutti (20.12.1969) zählt zu den DJ- Pionieren der Schweizer Hip Hop Szene. Bis heute scratcht[1] er immer noch regelmässig, vorab auf neuen Vinylplatten. Auf den Alten ist ihm dies zu Schade, zumal die Platten nicht mehr erhältlich sind. Daneben ändert er Turnschuhe, beispielsweise States von Puma, in eigenem Design ab und sammelt alte Hip Hop Kleidungsstücke sowie Accessoires der old school[2] Zeit. Seine aktuelle Lesebrille der Marke Cazal war beispielsweise eines der typischen Modezubehöre der Rapgruppe Run DMC.

Bereits 1979/80 mixte DJ Keys Italo- Disco Funk Sound. Um 1981, mit etwa 12 Jahren, kam er mit der Hip Hop Bewegung in Berührung. Wie üblich zu dieser Zeit probierte er diverse künstlerische Hip Hop Disziplinen wie Graffiti, Tags (Lettering/Kalligraphie) und Breakdance aus. An das Hip Hop DJ’ ing wurde er durch eine Dokumentation über Blondie herangeführt, in der er zum ersten Mal Grandmasterflash scratchen sah. Erst später erfuhr er durch Kollegen, dass Grandmasterflash die Plattenspieler der Marke Technics verwendete und setzte seine damalige Wunschliste für Geburtstag und Weihnachten neu auf. Daneben beauftragte er einen Radio- TV Elektroniker ein billiges Mischpult mit denen von ihm gewünschten Funktionen umzubauen (Abb. 11), da es zu dieser Zeit noch keine Mischpulte explizit fürs scratchen gab. Massgebend wurde er durch den Auftritt von DJ Cheese am UK Fresh 80 beeinflusst, das auf dem englischen Fernsehsender Sky ausgestrahlt wurde und orientierte sich an diversen DJ’s der DMC’s[3] (Disco Mix Club), wie etwa DJ Cash Money, DJ Craze, DJ Cutmaster Swift, DJ Noize, DJ Dopey, DJ Netik, DJ Illa Kela und weitere. Heute spricht er sein Lob für den japanischen DJ Kentaro, der alle schlägt oder für DJ Summit 2 (2006) aus.

Ende der 80er Jahre traf DJ Keys (Abb.6, Mitte mit schwarzer Jacke) auf Def Ice und Zed in der Stadt Bern, die ihn in die Coupole Biel, nach Basel und weiteren Städten mitnahmen. Kurz darauf zeigte er sein Talent an regionalen Meisterschaften. In einer Vorausscheidung in Basel wurde er Zweitplatzierter. DJ Bobo ging als Sieger hervor. Nach weiteren Wettbewerben gelang ihm 1989 die Teilnahme (Abb. 7) der DMC- Weltmeisterschaft in London (Video 1, ab 19'15'')  Gewinner wurde Grandmaster Swift. Mit dem achten Platz, schaffte es DJ Keys als erster Schweizer überhaupt unter den ersten zehn Besten. Seine damalige Freundin aus Basel Flavia Botone (a.k.a. Joel) begleitete ihn dabei. Ein Jahr später stand er wiederum in einem regionalen Finale, das im Club Mascotte in Zürich stattfand. An der darauffolgenden Schweizermeisterschaft verteidigte er seinen Titel erneut, ging an die Europameisterschaften in Amsterdam mit Finale in Kreefeld (D) und nahm wiederum in London an den DMC Weltmeisterschaften teil. Sieger wurde DJ Dave. DJ Keys schied bei den Vorausscheidungen aus. Bei den DMC Weltmeisterschaften in London traf er Backstage auf weitere Künstler wie Chaka Khan, DJ Cash Money, DJ Cut Master Swift, Alexander O’ Neil ohne jedoch persönliche Kontakte aufrechtzuerhalten. Damalige zeitgenössische Hip Hop DJ’s der Schweiz waren die zürcher DJ Spinkie und Ekrof, Just one (Lausanne) oder DJ Steel und DJ Rickli (beide Biel). Letzterer erfand als DJ und Elektrotechniker die Scratch- Maschine.

Nebst der Gründung der LSD (Crew) mit Zed (Bern), Seyo und Tarkin aus Biel unterrichtete er 1992 DJ Kurse in Sursee (Abb.8) in einer Freizeitdisco am Sonntagnachmittag zusammen mit DJ Bobo. Letztere moderierte und gab Unterricht im mixen (mischen). DJ Keys brachte den Schülern das scratchen unter Miteinbezug einer von ihm eigens entwickelten Methode fürs mixen bei. Die Methodik erlaubt innerhalb von zwei Stunden als DJ mixen zu können. Der Kurs wurde vorab zur Förderung des DJ’ing in der Schweiz ins Leben gerufen.

Auf Grund seiner Erfolge an den Meisterschaften und den absolut beliebten Sets an Hip Hop Partys wurde DJ Keys schweizweit gerne gebucht (Abb.9, Abb. 10 ). Er galt als Garant für ausgezeichneten Party Sound (SF 1991). Seine Mutter nahm Festnetzanrufe entgegen, organisierte Termine und setzte den Spielplan fürs Wochenende auf. Auf Grund der aufkommenden Prügeleien an den Partys mit dem einhergehenden Einzug des Westküsten Gangster Gehabe zog er sich ab 1992 als Hip Hop DJ aus der Szene zurück. Seine Leidenschaft als DJ führte ihn in andere Untergrund Musikszenen; British Hardcore Techno, Jungle, Drum’n Bass, amerikanischer Deep House. Zwischendurch legt DJ Keys heute im Kapitel oder im Rondel (ehemals Club Mocambo) in Bern auf.

Den Geist der Hip Hop Bewegung der 80er Jahre spürt DJ Keys nicht mehr. Der Sound von damals existiert heute nicht mehr, damals war alles neu, heute eher öde. Er sieht sich auf Grund dessen als Aussteiger und liest sich zur Technikreifung im DJ’ing ein.[4]


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[1] Scratchen aus dem Englischen übersetzt, bedeutet „kratzen“. Kontextuell gemeint ist hier das hin und her Bewegen der Platten auf dem Plattenteller, während die Nadel auf der Platte sitzt. Dadurch entsteht ein Kratzgeräusch. Je nach Schnelligkeit der Bewegung wird die Tonart dieses Kratzgeräusches variiert, welches in eigene Melodien gipfeln kann. Üblicherweise gebraucht der DJ zwei Plattenteller und ein Mischpult, um die Lieder mischen zu können. Meist vor oder während den Übergängen wird gescratcht, aber auch dazwischen. Heutige DJ’s komponieren ganze Lieder mit Mischungen von scratchts und digitalen Mischpulten. [2] Old school Zeit bezeichnet die Hip Hop Szene in den 80er Jahren in der Schweiz. Die Mitglieder der Bewegung werden als old school betitelt. [3] DMC sind Weltmeisterschaftswettbewerbe für DJ’s, veranstaltet vom Disco Mix Club (DMC) in London. [4] siehe Interview DJ Keys one 2016.


Quellenverzeichnis

 

Bibliographie:

Interview DJ Keys one 2016 > Interview, DJ Keys one mit Caroline Montandon, Interviewfragebogen, 05.04.2016, Bern, coll. HHMS.

Abbildungen:

Abb.6 > Photo, coll. Zed. (Zed links, DJKeys in Mitte mit schwarzer Jacke).

Abb.7 > Zeitungsartikel, Christian Knutti wird die Schweizer an der DMC- Weltmeisterschaft in London vertreten. Steffisburger in der Royal Albert Hall, Thuner Tagblatt, Thun, 26.01.1989, coll. Zed. 

Abb.8 >Heftsartikel, „DJ- Seminar 1992, der Disco Mix Club schulte angehende DJ- Profis“, in: insider Innerschweiz. Das innerschweizer Magazin, Nr. 25/26, Doppelnummer für die Festtage, 11.12.1992, S.69, coll. Keys.

Abb.9 > Plakat, Hip Hop Party, 25.02.1989, Coupole, Biel, coll. Carrie. 

Abb.10 > Plakat, Hip Hop Reality, 06. und 07. Juli 1991, Palais de congrès, Biel, coll. Carrie.   

Abb. 11 > Foto, 20.07.2016 von HHMS, Umgebautes Mischpult, Stereomixer- Soundstar BM- 2930, 1980, coll. Keys. 

Video:

Video 1  > DMC Weltmeisterschaften in London 1989 mit DJ Keys, https://www.youtube.com/watch?v=cmBs-SX2PNA .

SF 1991, „Schweizer Fernsehen, SF, Schweizermeisterschaften Breakdance, Gurten Bern mit Frankie Freez’, Zed, Monty, Crazy, Keys, 1991, coll. Frankie Freez'. http://www.topcam.ch/downloads/HipHopMuseum/Tagesschau_SM_Breakdance-Gurten%20Bern-1991.mp4, https://youtu.be/lKKE3MIcNbc, SRF Archivnummer 2301528, videoarchiv.sfr.ch (Kontext: Breakdance Gurten), coll. HHMS, 2016. Lizenz: "1991 Schweizer Radio und Fernsehen, lizensiert durch Telepool GmbH Zürich.", 2016.


M.A. phil. hist. I Caroline Montandon, Juli 2016